Ihr
geht es erklärter maßen darum, „das Künstlerische
dieses Mediums zu bewahren, das immerhin auf eine zweitausend
jährige
Geschichte zurück blicken kann !“ Auf der handgeprägten
Einfachheit der alten Machart zu beharren, ist ohne Zweifel eine
unzeitgemäße Haltung. Wenn Matina Spaett, geboren 1960,
gelernte Stahlgraveurin und passionierte Zeichnerin, dennoch diesen
Weg eingeschlagen hat, so liegen ehrliche Überzeugung und eine
Menge Idealismus darin.
Münzen
und
Prägungen,
die
Beschläge von Waffen und Truhen, die
Verzierungen an Werkzeugen, Türschildern und anderen
reliefartigen Platten waren schon lange die bevorzugten
Gegenstände
der Stahlgravur, wobei jedoch überzeugende Leistungen stets nur
jenen Graveuren gelangen, die nicht die Schrift-, Monogram- und
Ziervorlagen bestehender Musterbücher kopierten, sondern eigene
Entwürfe umsetzten. „Nur wer fähig ist, alles zu zeichnen
und zu entwerfen, was von ihm verlangt wird, kann das Handwerk
wirklich beherrschen.“, erklärt Matina Spaett.
Längst
existiert in Deutschland nur noch eine einzige Schule im Allgäu,
an der die traditionelle Stahlgravur gelehrt wird. Dazu gehören
neben der zeichnerischen Grundlage die Arbeit mit selbst gefeilten
Meißeln, Grabsticheln und Ziselierhammer an einem
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Stahlstück,
das in eine bewegliche Gravierkugel eingespannt ist. Da sich immer
nur ganz kleine Späne aus dem Material meißeln und stechen
lassen, dauert die Bearbeitung eines Stahlstückes
notwendigerweise sehr lange. In jedem Bundesland gibt es
gegenwärtig
gerade noch einen einzigen Stahlgraveurmeister „alter Prägung“.
Und von den Absolventen der Allgäuer Schule hat sich Matina
Spaett in den letzten Jahren als einzige selbständig gemacht.
Matina
Spaett, die ihre Werkstatt mit einem kleinen Laden in
Köln-Ehrenfeld,
Thielenstraße 12, betreibt, verfolgt ein doppeltes Anliegen.
Einerseits will sie die Erinnerung einer handwerklichen Tradition
pflegen, andererseits ihre handwerklichen Möglichkeiten
weiterentwickeln.
Die
künstlerische Qualität sieht Matina Spaett vor allem in der
zeichnerischen Offenheit expressiver Radierungen, die sie eine zeit
lang nebenher gefertigt hat, und in der Exaktheit, die nötig
ist, um Wertpapier-Prägevorlagen herzustellen. Ihre
Stilrichtungen reichen von Anleihen aus alten Kulturen, über
Jugendstil und Expressionismus bis
zur
Comic-Art: Stahlstich,
Ex-libris-Zeichen, Broschen, Siegelringe, Knöpfe, Tabakdosen,
Gürtelschnallen, Türkloppfer und Wappen zeugen von den
Übergängen von Kunst zum Design.
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Heute
dominieren die Funktion und die Schnelligkeit in der Herstellung den
Charakter der Dinge. Matina Spaett dagegen setzt auf ein deutliches
Zeichen der Langsamkeit, fast Schwerfälligkeit. Und während
eine maschinelle Gravur die alltägliche Verzierung oft fade
erscheinen läßt, enthüllt die mit der Hand
hergestellte Gravur ihr künstlerisches Profil.
Jürgen
Kisters
(1988)
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